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WHAT FOUR WALLS CAN'T, A CUSHION CAN

13. April bis 2. Juni 2024

Constanza Carvajal

Leseraum Constanza Carvajal, Foto Lukas Engelhardt

Eröffnung: Freitag, 12. April 2024, 18 Uhr
Begleitveranstaltung: Samstag, 1. Juni 2024, 15 Uhr

Was kann ein Kissen, was vier Wände nicht können? Darauf eine Antwort zu finden, lädt Sie die chilenische Künstlerin Constanza Carvajal mit dieser Ausstellung ein.

Carvajal interessiert sich dafür, wie Gebäude nicht nur den körperlichen, sondern auch den emotionalen Bedürfnissen der Menschen begegnen, die sich in ihnen aufhalten. Deshalb präsentiert die ausgebildete Architektin in der Galerie Bernau vier Werke, die mit dem vermeintlichen Gegensatz von Architektur und weicher Oberfläche spielen. Über die Aspekte von Form und Funktionalität hinaus, die zum Beispiel am Bauhaus gelehrt wurden, erkundet sie mit ihren Arbeiten, wie Bedürfnisse nach Zuneigung, Wohlbefinden und Erinnerung in gebauten Räumen (an)erkannt und erfüllt werden. Aus transkultureller und feministischer Perspektive setzt Carvajal sich mit Häuslichkeit auseinander und damit, wie Architektur, Kunst und Handwerk ineinander übergehen. 

Die Installation New Beginnings (2024) in diesem Raum besteht aus mehreren von der Decke hängenden Boxsäcken. Sie haben Flecken und Löcher und wurden offensichtlich repariert. Obwohl niemand da ist, der auf die Säcke einschlägt, sind Frust, Wut und andere Emotionen, die Menschen an diesen Objekten ausgelassen haben, spürbar. Sieben weibliche* und nichtbinäre Künstler*innen haben die Säcke unter körperlicher Anstrengung bearbeitet. Wie Geister dieser Zusammenkunft schweben die bunten Objekte nun im Raum. Es ist an Ihnen, die Spuren zu lesen, die die Künstler*innen auf dem Stoff hinterlassen haben. 

 Die zehnteilige Serie Alles muss raus (2021) ist Carvajals persönlicher Abschied von Weimar. Diese Stoffmosaike hat die Künstlerin aus Resten von Textilien zusammengeflickt, die sie gefunden oder geschenkt bekommen und dann in eigener Handarbeit mit Stickereien versehen hat. Weil die Wandteppiche an verschiedenen Wohnorten in Carvajals Freizeit entstanden sind, verbinden sie unterschiedliche Aspekte des künstlerischen Arbeitens: Häufig stellt sich beim kreativen Schaffen nämlich – wenn überhaupt – erst im Nachhinein heraus, wann und wo die Freizeit endete, und die Arbeit begann. 

Den Weg zum Innenhof versperrt der Vorhang Fragmented Landscape (2024). Mit ihm verknüpft Carvajal die Themen schwer wiegender Erinnerung und persönlicher Handarbeit über Generationen hinweg: 1973, zu Beginn der Militärdiktatur von Augusto Pinochet, fertigte ihre Grußmutter Irma Pulgar (1921 – 2004) den Arpillera Doñihue an. Arpilleras (Stickbilder) sind Teil des chilenischen Kulturerbes. Sie wurden von Frauen angefertigt, um Erzählungen festzuhalten, die sonst vom Staat zensiert worden wären. CarvajalsFamilienerbstück zeigt eine Landschaft, in der Menschen, Tiere und Natur friedlich koexistieren. Die Künstlerin zerlegt es so in seine Einzelteile, dass die Ausstellungsbesucher*innen die Geschichte ihrer Großmutter durchschreiten. 

Die Installationen Leseraum (2021) und We don’t emboider cushions here (2024) schließen die Ausstellung ab. Als Mischung aus Kissen, Decke und Matratze laden sie zum gemütlichen Verweilen ein. Wortlos, nur mit farbigen Drucken und Symbolen hält Carvajal auf den mit Fäden besteppten und weich gefütterten quadratischen Feldern der übergroßen Textilien und der Motivbücher Books with no words (2021, 2022 und 2024) ihre Gedanken zur Rolle von Frauen in Kunst, Handwerk, Architektur und Industrie fest. So lassen sich aus den abstrakten Motiven ohne bestimmte Reihenfolge viele Geschichten erzählen – vielleicht sogar Ihre eigene?

Text: Marie Egger

Ausstellungsansichten

Zum 360° Rundgang gelangen Sie hier.

© Emil Anton Kaiser