Eröffnung: Freitag, 16. Juni 2023, 18 Uhr
Führung: Samstag, 29. Juli 2023, 15 Uhr
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Anschließend kleine Finissage im Hof der Galerie mit einer Elektro-akustischen Musikperformance von Jana Debrodt
In ihrer Ausstellung tracksuit pioneer erkundet Christiane Bergelt einen persönlichen Bezug zu Bernau bei Berlin: Im Jahr 1972 war ihr Vater als Baupionier der Nationalen Volksarmee der DDR (NVA) in Bernau stationiert.
Aus ihrer Dienstzeit erinnern sich viele ehemalige Soldaten der NVA – so auch Christiane Bergelts Vater – an die berühmten „Wurstdosen“ aus Weinböhla. Die Dosen waren das Hauptgericht der Feldnahrung, denn die militärische Notration umfasste eine Mahlzeit aus Dosenfleisch, Dosenbrot und Büchsenkeksen. Auch für die Bevölkerung waren die Fleischdosen in verschiedenen Geschmacksrichtungen erhältlich: Jagdwurst, Landleberwurst, Rotwurst, Kammfleischwurst, Schmalzfleisch, Hühnerfleisch im eigenen Saft und sogar Hasenrücken mit Knochen.
Damals wie heute riecht der Inhalt solcher Konserven intensiv und würzig, und das vorgegarte, stark verarbeitete Fleisch schimmert in der Dose, oft von Fett und Gelee umgeben, saftig oder fahl in verschiedenen Braun- und Rottönen. Zwar hat der Betrieb in Weinböhla inzwischen geschlossen, industriell zubereitete Fleisch- und Wurstwaren sind aber nach wie vor weit verbreitet und in jedem Supermarktregal zu finden.
Überhaupt ist Fleischessen momentan ein wichtiges gesellschaftliches Thema. Christiane Bergelt nimmt es poetisch, sensibel und humorvoll unter die Lupe: Sie hat frischen Aufschnitt aus der Kühltheke geometrisch zugeschnitten und ihn wie ein mikroskopisches Präparat zwischen zwei Glasscheiben platziert. Die so entstandenen Objekte werden nun in der Galerie präsentiert, wo sie mal langsam, mal schnell vor sich hin schimmeln.
Auch die Gemälde der Künstlerin stellen industriell gefertigte Fleisch- und Wurstwaren dar. Eine überdimensionale Mortadella mit Pistazien wirkt wie ein Porträt des Aufschnitts zwischen den Glasscheiben. Auf anderen, kleineren Bildern wiederum erscheinen die Strukturen der organischen Massen in abstrakten Farben, sodass nicht mehr erkennbar ist, um welches Motiv es sich eigentlich handelt. Hier geht das Realistische verloren und das Verschwommene gewinnt in Form von Mustern, Schwaden und Krakeln die Oberhand über die Leinwand.
Auf diese Weise zeugen Christiane Bergelts Werke in der Galerie Bernau auch davon, dass der Versuch, sich richtig zu erinnern oder eine Erinnerung zuverlässig wiederzugeben, im Diffusen enden muss, weil niemand je eine absolute Wahrheit wiederzugeben vermag.